Beschreibung
Inhalt
Editorial von Roland Tichy – TE 0125
Eine wunderliche Wahl
Das wird eine seltsame Wahl demnächst. Ausgekaspert wurde sie zwischen der SPD, den Grünen und der CDU bei einem gemeinsamen Kaffeekränzchen mit dem Bundespräsidenten (siehe S. 31). Und das Grundgesetz? Stört nicht mehr länger. Es sind ja hochpolitische Tage, könnte man meinen, Tage der leidenschaftlichen Debatte im Bundestag. Aber der wurde vom Kaffeekränzchen einfach abgeschaltet wie eine Kaffeemaschine, die man nicht mehr braucht. Keine Debatte; der Herr Oppositionsführer möchte von „Zufallsmehrheiten“ nicht belästigt werden.
Die Weltgeschichte muss sich gedulden, bis Herr Merz Zeit findet. Mehr Missachtung des Parlaments geht nicht. Mehr Zaudern auch nicht. Dabei könnte Merz schon mit einer Mehrheit der Abgeordneten eine schnelle Schadensbegrenzung betreiben, die schlimmsten Gesetze außer Kraft setzen. Das traut er sich nicht; das konstruktive Misstrauensvotum funktioniert nur mit der AfD. Lieber kungelt er mit den Parteien, die Deutschland in den Abgrund reiten. Von denen will er gewählt werden. Und er lässt sie ihr verhängnisvolles Werk weiterbetreiben. Keine Debatte.
Man kann sich schwer vorstellen, dass Helmut Schmidt oder Helmut Kohl, dass Konrad Adenauer, Willy Brandt oder Gerhard Schröder die jeweilige Regierung mit so viel vorweggenommener Rücksichtnahme behandelt hätte. Franz Josef Strauß hätte sie mit Worten ausgepeitscht, mit Hohn überschüttet, alternative Positionen verdeutlicht, Forderungen auf die Tagesordnung ge- und durchgesetzt. All die Genannten, von unterschiedlichen Parteien, hätten die Übeltäter vom Hof gejagt. Friedrich Merz dagegen tut sich mit ihnen zusammen und lässt per Hausdurchsuchung schikanieren, wer Wörter wie „Übeltäter“ verwendet. Er hat solche Angst vor Opposition und Bürger, dass er am liebsten beide noch kurz vor der Wahl verbieten lassen möchte: lästige Wähler und lästige Konkurrenten.
Aber was wird denn nun? Das Ergebnis der kommenden Wahlen ist unklarer denn je: Gesichert ziehen nur CDU und AfD in den Bundestag ein; bei SPD und Grünen leuchten schon die Fragezeichen, zu unbeliebt sind beide Parteien. Schaffen es Linke, Freie Wähler, BSW und FDP? Ganz große Fragezeichen. Kippen die kleineren Parteien aus dem Parlament, reichen im Vier-Parteien-Bundestag schon 40 Prozent der Wählerstimmen für eine absolute Mehrheit, in diesem Fall der CDU. Nur so erklärt sich das Bemühen, auf den letzten Metern noch schnell die AfD verbieten zu lassen, wenn man sie in der nicht geführten Debatte schon nicht schlagen kann. Olaf Scholz und Robert Habeck sind Wunschfiguren der Altmedien, nicht jedoch relevanter Wählerzahlen. Sie sind Kanzlerkandidaten-Tarnfiguren, um eines zu verschleiern: Der tatsächliche, gemeinsame Kanzlerkandidat der Parteien des Kaffeekränzchens ist Friedrich Merz. So bleibt die Frage: Was eigentlich wählen, wenn man Merz nicht will?
Bei allem, was uns derzeit bedrückt: Ich wünsche Ihnen im Namen von Redaktion und Verlag gesegnete Weihnachten und ein gutes – besseres – neues Jahr!
Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe
100 Seiten, durchgehend 4-farbig, broschiert